Jahresthema 2015: Vielfalt

Welche Bedeutung hat Vielfalt für Natur und Umwelt,
aber auch für unser gesellschaftliches Miteinander
einschließlich der Wirtschafts- und Arbeitswelt?
Wie steht es um Diversität in unserem Leben und welche
Rolle spielt sie im Hinblick auf eine nachhaltige Entwicklung?
Ist Vielfalt Problem oder Chance, kann sie gar beides sein?
Begleite uns auf der Suche nach möglichen Antworten.
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24. Juni 2015: Gemeinsames Ziel, kontroverse Diskussion - oder: viele kleine Schritte
auf einem langen Weg

Infoabend | Bürgerhaus Billings | Mi., 24.06.2015, 20:00 Uhr

"Die Kinder sind unsere Zukunft" oder "Bildung hat oberste Priorität" – Diese Aussagen kennen wir aus vielen Sonntagsreden. Wie es darum bestellt ist und ob unser Bildungssystem allen Kindern gerecht wird, darüber wurde an diesem Abend heiß diskutiert.

Rund 25 Gäste, darunter viele Pädagogen verschiedener Fachrichtungen, nahmen an unserem Informationsabend teil und diskutierten kontrovers mit­einander über die Bedeutung von Inklusion für die Gesellschaft und die aktuellen Veränderungen im hessischen Schulsystem. Drei Expertinnen gaben Impulse, sich aus verschiedenen Blickwinkeln mit dem Thema auseinanderzusetzen.

Was ist Inklusion?

Dagmar Goldmann-Pahl, Schulleiterin an der Ludwig-Schwamb-Schule, und Vanessa Dyroff, Schulleiterin an der benachbarten Eberstädter Mühltalschule, stellten zunächst die Grundgedanken und Ziele von Inklusion vor: Inklusion als soziologischer und pädagogischer Ansatz, als die Grundhaltung "Vielfalt will­kommen zu heißen", als "Förderung einer größtmöglichen  Normalisierung von Unterschiedlichkeit" und schließlich als die "konsequente Weiterführung des (bekannteren) Integrationsgedankens". Die beiden Schul­leiterinnen, die unter anderem als Inklusions­beraterinnen für den Landkreis Darmstadt-Dieburg tätig sind, stellten auch die Neuerungen im hessischen Schulgesetz vor, die aus der Umsetzung der Vorgaben der UN-Behinderten­rechts­konvention von 2006 resul­tieren. Diese besagt, dass für alle Menschen Chancengleichheit und Selbst­bestimmtheit gelten und ihnen eine uneingeschränkte Teilhabe am gesell­schaft­lichen Leben ermöglicht werden muss. Darüber hinaus berichteten sie von positiven Erfahrungen an ihren Schulen und zeigten auch praktische Lösungs­ansätze für typische Schwierig­keiten beim Zusammen­treffen von Kindern mit verschiedenen kognitiven, sozialen und emotionalen Fähigkeiten und Bedürfnissen auf.

Jeruscha Kriener, Pädagogin mit dem Titel "Master of inclusive education", führte die Gäste in die weiter­führende, gesellschaftliche Bedeutung der Inklusions­debatte ein. So setzt Inklusion für sie nicht nur einen radikalen Wandel des Schul­systems voraus, sondern auch einen "radikal demokratischen Prozess". Schließlich müsse sich die Gesellschaft, und damit das Schulsystem und die Arbeitswelt den Menschen anpassen und nicht umgekehrt. Heute fielen eine große Anzahl Menschen durch das Raster der Arbeitgeber schon allein dadurch, weil sie kein Abitur hätten. Mit vielen interessanten Zahlen und Fakten konnte sie mit einigen Vorurteilen aufräumen, z.B. dem, dass Inklusion in der vorgestellten Schul­form kaum finanzierbar sei, sondern vielmehr nicht teurer sein müsse als die bisherige doppelte Beschulung.

Vielfache Kritik

Zwar sind sich die meisten Menschen einig, dass die Wertschätzung von Diversität wichtig und erstrebenswert ist, doch es gibt tatsächlich auch viel Kritik an den ak­tu­ellen bildungspolitischen Vorgaben. Achim Krell benannte in seiner Begrüßungs­ansprache zu Beginn des Abends nur einige der typischen Vorbehalte gegen den gemeinsamen Unterricht von Kindern mit und ohne Beeinträchtigungen: Eltern bangten um die qualifizierte Förderung ihrer "normalen" bis "hochbegabten" Kinder, Lehrer fürchteten, den Herausforderungen des inklusiven Unterrichts nicht gewachsen zu sein. Dabei resultierten die verschiedenen Ängste und die weit verbreitete "Ja, aber…"-Haltung aus dem ganz natürlichen menschlichen Verhalten, die soziale Umwelt in Gleiches und Andersartiges zu unterscheiden, dem sogenannten "Schubladen­denken", das wiederum die Ursache des Gegenteils von Inklusion, der Separierung, sei.

Schritte_zur_Inklusion - Grafik Robert Aehnelt - CC BY-SA
Schritte zur Inklusion (Grafik: Robert Aehnelt - CC BY-SA)

Doch wie sieht es in der Praxis, im Schulalltag aus? Die idealen Voraussetzungen, die Dagmar Goldmann-Pahl und Vanessa Dyroff durch die räumliche Nähe der von ihnen geleiteten Regel- und Förderschule und den damit verbundenen leichteren Kontakt der Kinder vorfinden, sind nicht die Regel. Dies bestätigten die zahl­reichen anwesenden LehrerInnen, die insbesondere den Mangel an qualifiziertem Lehr- und Betreuungspersonal als problematisch sahen. Schulämter stellten zwar ausreichend Kapazitäten in Form von Wochenstunden für den inklusiven Unter­richt zur Verfügung, doch reichten diese einerseits nicht aus, um die steigende Zahl von Kindern mit Förderbedarf zu bewältigen, und andererseits würden diese auch häufig am Regelunterricht, z.B. in der gymnasialen Oberstufe gekürzt. Auch ist die Praxis, Lehrern nur noch befristete Arbeitsverträge anzubieten und sie während der Ferien dem freien Arbeitsmarkt zu übergeben, inzwischen offenbar weit verbreitet.

So entsteht durchaus ein Eindruck von schulischer Inklusion als staatlich ver­ordnetem Sparpaket, mit dessen Umsetzung Eltern und Lehrer ziemlich alleine gelassen werden. Sie sollen gemeinsam Lösungsansätze entwickeln, wo ein klarer Weg und praktische Hilfestellungen fehlen – bestehen die sogenannten Reformen doch vor allem in neuen Formulierungen im Gesetzestext.

Schließlich bestand ein Konsens darüber, dass nur viele kleine Schritte jedes Einzelnen zu einer Veränderung der Haltung gegenüber anderen Menschen führen können - egal ob behindert, zugewandert oder einfach nur andersdenkend. Und die Frage, was uns selbst die uneingeschränkte Gemeinschaft mit ihnen wirklich wert ist.

Wir danken den engagierten Referentinnen für die interessante und flexible Gestaltung des Abends und ihre Bereitschaft, so kontrovers mit uns zu diskutieren und die vielen Fragen zu beantworten.

Mach Dir (d)ein Bild:
www.behindertenrechtskonvention.info
www.igfh-inklusionstagung.de

 

Hier ist unsere Einladung:

Vielfalt im Klassenzimmer:
Inklusion in Schule und Gesellschaft.

Infoabend | Bürgerhaus Billings | Mi., 24.06.2015, 20:00 Uhr

„Die Kinder sind unsere Zukunft“ oder „Bildung hat oberste Priorität“ – Diese Aussagen kennen wir aus vielen Sonntagsreden. Wie es darum bestellt ist und ob unser Bildungssystem allen Kindern gerecht wird, das werden die zentralen Fragen dieses Abends sein.

Aktueller Prüfstein für die Qualität unseres Bildungssystems und für die Grundeinstellungen, mit denen wir Kindern begegnen, ist die laufende Umsetzung der sog. „Inklusion“ in unseren Schulen und in unsrer Gesellschaft.
Was das mit Vielfalt zu tun hat, welche Probleme dabei ans Licht kommen und welches Umdenken notwendig ist – all dies werden wir an diesem Infoabend erörtern.

Begleitet und geführt werden wir von drei Damen, deren Hauptarbeitsgebiet die Inklusion z.Zt. ist.  Dagmar Goldmann-Pahl und Vanessa Dyroff sind als „Inklusionsberaterinnen“ des Staatlichen Schulamtes für die Stadt Darmstadt und den Landkreis Darmstadt-Dieburg mit den unterschiedlichen Situationen an den Schulen vertraut; Jeruscha Kriener  arbeitet als „M.A. Inclusive Education“ in Bildungseinrichtungen für Jugendliche und junge Erwachsene in Frankfurt und kennt somit die außerschulischen Probleme sehr gut.

 

Wo ist das Bürgerhaus Billings?

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