Wo Bäume den Wege beschatten, macht pilgern Spaß
"Steh auf und geh!" - 12. Ökumenischer Pilgertag am 29. Juni 2019
Die Kühle des Morgens ausnutzend hatten sich ca. 30 Gäste zur Andacht in der Waldkapelle St. Jost eingefunden. Begleitet vom Evangelischen Posaunenchor gestalteten Margit Binz, Simon Körber, Konrad Bihrer und Werner Stoklossa diesen kurzen Gottesdienst nach gewohntem Ritual: Lieder, Gebete und eine Predigt, die sich auf das aktuelle Motto des Pilgertages bezieht.
"Steh auf und geh" hieß das Motto in diesem Jahr und stammte aus Markus 2, im neuen Testament. Es wurde wieder vom aktuellen Jahresthema von Fischbachtal kreativ inspiriert: "Nachhaltige Mobilität". Den Spagat zwischen der 2000 Jahre alten biblischen Geschichte und dem hochaktuellen Thema Mobilität wagte der Pfarrer im Ruhestand, Werner Stoklossa in seiner Predigt. Dabei erzählte er abwechselnd von dem Aufbruch der vier Gläubigen mit dem Kranken und dem Aufbruch der Jugendlichen unserer Zeit - und stellt die Verbindung her zwischen Beidem: "Können wir uns in dem Bettlägerigen wiedererkennen? Als Menschen, die sich oft gelähmt fühlen – nicht durch Krankheit oder Behinderung, sondern durch Hilflosigkeit, Ohnmacht, Ratlosigkeit? Wir sind wie an ein Bett gebunden: was zunächst Bequemlichkeit verspricht – alles ist greifbar zur Hand, alles ist gepolstert und abgefedert – erkennen wir als Fessel. Die hindert uns aktiv zu werden, Veränderungen herbeizuführen. Jede Bewegung ist wie ein Riesenberg vor uns. Wo anfangen?"
Und weiter spricht Stoklossa: "Beim Gelähmten kommt der Anstoß von vier Freunden, die ihn mitsamt seinem faltbaren Bettgestell zum Haus tragen, in dem sich Jesus aufhält. Sie begehen öffentlich einen „Einbruch“, einen Regelbruch – wenn sich auch der Dachschaden leicht wieder reparieren lässt. Mir stehen als heutige Parallele die Jugendlichen vor Augen, die bei „Fridays for Future“ nicht zur Schule gehen sondern demonstrieren. Sie reißen die Eltern, LehrerInnen, WissenschaftlerInnen mit, fordern einen beschleunigten Ausstieg aus der Verbrennung fossiler Rohstoffe und „Ende Gelände“. Können wir uns in den vier Freunden wiedererkennen? Ernst machen mit Veränderung, auch wenn es etwas kostet? Widerstände überwinden, Flagge zeigen?
Ich kann verstehen, dass besonders junge Menschen sagen: 'Stopp! Da wird meine Gesundheit, meine Zukunft verkauft. Es gibt intelligentere Wege, dafür will ich beruflich und gesellschaftlich tätig werden!' Und sie kritisieren die Politik, dass sie falschen Entwicklungen wie gelähmt zuschaut."
"Steh auf, klapp dein Bett zusammen und wandle!" sagte Jesus - laut der Luther-Übersetzung - damals zu dem Gelähmten.
"Heute", so schloss Stoklossa seine Predigt, könnte das vielleicht heißen: "Verändere deinen Standpunkt, sieh dich um, in welchen Beziehungen du zu dir, zu Mitmenschen, zu Mitgeschöpfen und zur Natur stehst! Und in welcher Beziehung und Verantwortung zu Gott, dem Schöpfer!"
Begleitet von den letzten Tönen des Posaunenchores machten sich ca. 25 Pilgerbde auf den Weg. An den verschiedenen Stationen unterwegs gab es ein Gedicht, Kinder- und jüdische Geschichten, eine Einladung zum Gespräch über Mobilitätsgewohnheiten und auch die illustrierte Schöpfungsgeschichte.
Bei der Hitze des Tages waren die von Bäumen beschatteten Wegabschnitte ein Labsal. Die sonnigen galt es einfach nur zu überstehen.
Nach 17 Kilometern und vielen anregenden Gesprächen gelangte die Gruppe an ihr Ziel. In der evangelischen Kirchen in Niedernhausen beendete eine letzte Andacht dien Pilgertag.
Hier ist unsere Einladung:
Steh auf und geh!
12. Ökumenischer Pilgertag
Sa., 29. Juni von 10:00 bis ca. 17:30 Uhr, Start an der St.-Jost-Kapelle bei Niedernhausen
Der Pilgertag beginnt um 10 Uhr an der St.-Jost-Kapelle mit einer Andacht. Anschließend wandert die Gruppe auf dem St.-Jost-Pilgerweg zum Rimdidim, dann über Steinau nach Billings und nach der Mittagsrast und einem Stop im Schloss Lichtenberg nach Niedernhausen. Hier endet der Pilgertag gegen 17:30 Uhr mit einer Andacht in der St.-Johannes-der-Täufer-Kirche.
Der Während des Gehens (ca. 17 km) und an verschiedenen Stationen werden manchmal Lieder gesungen, genauso wird es aber auch Zeiten des Schweigens und des Redens geben. An den Stationen selbst sollen spirituelle Impulse, die das Thema "Mobilität und Nachhaltigkeit" beleuchten, als Anregung zum Nachdenken und Diskutieren dienen.
Der Ökumenische Pilgertag ist ein gemeinsames Projekt der Evangelischen Kirchengemeinde Fischbachtal, der Katholischen Pfarrgruppe Reinheim / Groß-Bieberau, der Gemeinde Fischbachtal und des Evangelischen Dekanats Vorderer Odenwald.
Wo ist die St.-Jost-Kapelle?
Anreise und Versorgung:
Anreise mit dem Bus:
Die Buslinien NH von Darmstadt und MO2 von Reinheim oder Brandau fahren nach Niedernhausen.
Hier findest du deine Verbindung zum Pilgerweg in Richtung Kapelle: www.rmv.de/auskunft/...
Gegenüber der Sparkasse (Darmstädter Straße 21) ist ein hölzerner Pfeilwegweiser zur St.-Jost-Kapelle und der Weg ist ab dort mit dem Zeichen J1 gut markiert. Von hier geht man ca. 20 Minuten zu Fuß zur Kapelle.
Anreise mit dem PKW:
Die Zufahrt in den Wald zur Kapelle ist für Fahrzeuge gesperrt.
Bitte parken Sie bei Bedarf in Niedernhausen (nicht auf den Gehwegen) und kommen Sie zu Fuß zur Kapelle (ca. 20 Minuten Fußweg).
Bekleidung und Verpflegung:
Der Weg geht überwiegend auf befestigten Wald- und Feldwegen oder kleinen Pfaden. Festes Schuhwerk und bei Bedarf ein Regenschutz wird empfohlen.
Mittags ist eine etwas längere Rast bei der Schneckenkapelle in Billings. Jeder bringt sein Essen und seine Getränke selbst im Rucksack mit.
Mehr Informationen zum Pilderweg St. Jost: https://st-jost.fischbachtal.de/